Leben, das aus der Amazonassynode hervorströmt

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„Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben”. (Mt 10,8b)

Die Teilnahme an der Amazonassynode war ein Kairos Ereignis, ein Impuls für Hoffnung, Ermutigung und erneute Bestätigung unseres Einsatzes für die Zukunft der Amazonasregion. Es war allerdings vom Beginn der Synode an sehr klar, dass die Überlegungen und Realitäten, die zur Sprache kamen, über die geografischen Grenzen hinausgingen und entscheidende Aspekte der universalen Kirche ansprachen.

Ich hatte das Glück, die vielen Appelle der Vertreter der einheimischen Bevölkerung in der Synode zu hören, die der Bauern, der Quilombolas, Caboclos, Siedler, Flussbewohner und Stadtbewohner. Ich merkte, dass alle Teilnehmer der Synode bereit waren sich einzusetzen, um Leben zu schützen, den Gemeinden zu dienen, die Wälder zu erhalten und dem Schrei der Menschen zuzuhören.

Papst Franziskus war sehr daran gelegen, neben den Synodenvätern Menschen aus anderen Ländern, Vertreter der Kirche aus Europa, Afrika und Asien sowie Zuhörer, Experten, „brüderliche Delegierte“ anderer Kirchen und besondere Gäste einzuladen. Die Anwesenheit der Einheimischen, viele von ihnen in ihrer traditionellen Kleidung, war sehr bedeutungsvoll. Ein einheimischer Teilnehmer sagte: „Papst Franziskus, Ihnen ist es zu verdanken, dass die Federn in Ihrem Haus sind und wir fühlen uns willkommen in Ihrem Herzen.” Auf diese Weise kam eine Vielfalt von Kulturen zusammen mit demselben Ziel: das Amazonasgebiet und damit den Planeten zu retten. Dies bestärkt die Form eines neuen Synoden-Profils wie in der Apostolischen Konstitution Episcopalis Communio (18. Sept 2018) definiert. Daher betont Papst Franziskus auch, dass immer weniger Bischöfe an einer Synode teilnehmen sollen, „damit sie zunehmend ein geeigneter Ort wird, an dem das Volk Gottes gehört wird”, und dass sie sich auch zusammensetzt aus „Menschen, die kein Bischofsamt innehaben” (n.6).

Ich möchte die Bedeutung der Teilnahme von engagierten Frauen an der Synode hervorheben, die die augenblicklichen Strukturen der Gesellschaft und der hierarchischen Kirche in Frage stellten.

„Es ist das erste Mal, dass so viele Frauen (36) aktiv und wirksam an einer Kirchensynode teilnehmen.  Unsere Teilnahme ist immer noch recht begrenzt, aber wir sind uns bewusst, dass wir den Weg für zukünftige Generationen bereiten. Die Anwesenheit von Frauen bei der Synode zeigt, dass bedeutsame Veränderungen im Gange sind and wir nehmen aktiv an diesen Prozessen teil. Frauen hatten das Recht zu sprechen und sie nutzten es mit viel Poesie, Feingefühl, Vernunft, Objektivität und zielgerichteten Beiträgen.” (Marcia Oliveira, Expertin bei der Amazonassynode).

„Der Beitrag von Frauen war der Höhepunkt dieser Synode. Sie sind es, die sich am stärksten in sozialen Tätigkeiten engagieren, die widerstandsfähig sind und ihren Standpunkt nicht ändern, wenn sie gegen bestimmte Projekte sind; sie machen sich Sorgen um die Zukunft der nächsten Generationen.” (Bischof Erwin Kräutler, Bischof Emeritus von Xingu).

Die Haltung des „guten Hirten, der seine Schafe liebt und sein Leben für sie hingibt”, wurde deutlich in dem Zeugnis von Papst Franziskus durch seine Anwesenheit während der Synode, durch sein Zuhören, seine Herzlichkeit, seine Ermutigung und seine konstruktiven und weisen Beiträge. Sein Leben ist Ausdruck seiner Worte, „dass der Hirte den Geruch seiner Schafe annehmen muss.” Seine Heiterkeit und sein Sinn für Humor sind immer wieder neue Unterstützung und Ermutigung.

An einer Stelle sprach der Papst von der Notwendigkeit des „Überfließens”, von „totalen und umfassenden“ Lösungen und gegen den Gebrauch von „Flicken“. Das sind starke Worte, die uns auffordern, unseren Komfortbereich zu verlassen und uns einzusetzen für das Leben, für unser „gemeinsames Haus“, kurz gesagt, für die Schöpfung.

Was nun? Wie geht es weiter? Die Synode ist ein Prozess! Der Weg geht weiter!

In Bezug auf Synodalität schreitet die Kirche voran und leitet Neuerungen ein. Seit der Einrichtung einer Synode im Jahr 1965 ist dies das erste Mal, dass der nachsynodale Rat nicht nur aus Bischöfen besteht. Zu den Ernennungen des Papstes gehören Laien – zwei Frauen und ein Mann. Sr. Laura Vicunã Pereira Manso von der Kongregation der franziskanischen Katechetinnen (Brasilien), Patricia Gualinga, eine einheimische Leiterin der Kichwa di Sarayaku Gemeinschaft (Ekuador) und Delio Siticonatzi Camaiteri, Angehöriger des Ashaninca Stammes (Peru). Damit haben wir die Teilnahme und den Beitrag von Einheimischen, von Frauen, Ordensleuten und Laien. Durch sie kommt das „Überfließen” im Leben und in der Geschichte unserer Kirche zum Ausdruck.

Aus den Erfahrungen der Synode – vor, während und nach der Synode – ergibt sich für mich persönlich und auch für unsere Kongregation die Notwendigkeit, „uns in tiefere Gewässer zu begeben”, um die Erfahrungen der Synode umzusetzen und Verantwortung und Sorge für die Güter der Schöpfung zu übernehmen.

Im Abschlussdokument der Amazonassynode heißt es: „Ökumenische, interreligiöse Dialoge müssen geführt werden als unwiderruflicher Weg zur Evangelisierung im Amazonasgebiet” 24 (cf. DAp 227). Wie können wir als Kongregationen und als universale Kirche diese Dialoge besser führen lernen?

Die Amazonassynode betrifft alle Völker und Länder.  Wie kann die Amazonassynode uns helfen, Licht angesichts der Probleme in unseren eigenen Realitäten zu sein?

Wie kann die Kirche bei der Sorge um das gemeinsame Haus und das Gemeinwohl helfen angesichts von Entwicklungsprojekten im Amazonasgebiet und an anderen Orten, wie z.B. Abholzen, Bau von Staudämmen, Bergbau und Agrarwirtschaft, die den Lebensstil vor Ort gefährden?

Seit der Synode finden verschiedene Aktivitäten statt, wie z.B. Seminare, Workshops, Diskussionen und andere Veranstaltungen, um über die Synode zu berichten und nach Wegen zu suchen, konkrete Taten folgen zu lassen, vor allem in den neun Ländern des Amazonasgebietes.

Ich gehe hoffnungsvoll weiter in meinem Bemühen und im Glauben, dass es möglich ist, Gutes zu tun, Gott im Mitmenschen zu lieben und für Mutter Erde und ihre Schönheit zu sorgen.

Als Teil meines persönlichen Einsatzes und meiner Verantwortung und aus Dankbarkeit für die Möglichkeit, an der Synode teilnehmen zu dürfen, berichte ich vor unterschiedlichen Gruppen von meinen persönlichen Erfahrungen während der Synode und versuche, erreichbare Ziele zu definieren mit allen, die mit mir auf dem Weg sind. Das Abschlussdokument ist aufschlussreich für die Praxis von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung (JPIC). Bischof Helder Camara sagte: „Es ist eine göttliche Gnade, gut zu beginnen. Eine größere Gnade ist es, auf dem richtigen Weg zu bleiben. Aber die Gnade aller Gnaden ist, nie aufzugeben.”

Ich nutze diese Gelegenheit, mich nochmals zu bedanken bei den Schwestern Unserer Lieben Frau, der UISG (Internationale Vereinigung von Generaloberinnen) und allen, die sich während der Synode durch ihr Gebet, ihre Unterstützung und ihr Interesse von nah oder von fern mit mir verbunden gefühlt haben. Ich habe während der Synode sehr deutlich die Nähe so vieler Menschen gespürt, die mit mir auf dem Weg sind. Vielen herzlichen Dank! Ich bin für alles dankbar. Lasst uns verbunden bleiben auf unserem gemeinsamen Weg. “Der We gist nicht vollendet … wir müssen ihn finden, indem wir gehen.”

Schwester Nonata de Aguiar Bezerra, SND

(Bericht einer Teilnehmerin an der Amazonassynode)

Rom, 30. November 2019